Was passiert mit der Seele nach dem Tod? Eine unsterbliche Idee aus dem alten Iran
CERES-Palais, Raum "Ruhrpott" (4.13)
Vortrag von Kianoosh Rezania (Westasiatishe Religionsgeschichte) im Rahmen der Online-Ringvorlesung "Eine Religion kommt selten allein: Streifzüge durch die Religionsgeschichte"
Es gibt Vorstellungen, die scheinen einfach unsterblich. Dieser Vortrag widmet sich einer solchen religiösen Vorstellung vom Tode, in der die Seele der Verstorbenen ihren tugendhaften Taten in Gestalt einer wunderbaren Jungfrau, der sogenannten Schauseele Daēnā, begegnet. Entstanden ist diese Vorstellung in der zoroastrischen Individualeschatologie des antiken Persiens und sie nahm ihren Weg ab der Spätantike in andere Religionen wie den Manichäismus und dem Islam. Diese Vorstellung überlebte - freilich mit Veränderungen - mehrere tausend Jahre.
Der Iranist Kianoosh Rezania führt zunächst in die rituelle Konzeption des Zoroastrismus ein, die dieser Vorstellung von dem was nach dem Tode passiert, zugrundeliegt. Er zeigt dann auf, wie sich daraus eine zoroastrische Individualeschatologie in der Antile entwickelte. Chronologisch zeigt der Vortrag anhand des sasanidischen textlichen und ikonographischen Materials die Verbreitung und die Beliebtheit der postmortalen Begegnung der Seele mit der Daēnā in der Spätantike - einer Zeit, in der diese Vorstellung auch Eingang in die religiösen Traditionen des Manichäismus und wenig später in den frühen Islam fand, wo sie bis heute im schiitischen Volksglauben und darüber hinaus zu finden ist.