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(© CERES; von links nach rechts: Anna Neumaier, Juliane Czierpka, Maike Stelter)
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Interview mit Anna Neumaier über das Seminar zu digitaler Wissenschaftskommunikation im Sommersemester 2024

Anna Neumaier, Professorin für Religionswissenschaft am CERES, hat im vergangenen Semester, gemeinsam mit Prof. Juliane Czierpka (Geschichtswissenschaft), im Rahmen der RUB-Summer School ein Seminar zu digitaler Wissenschaftskommunikation durchgeführt. Im Interview gibt sie Einblicke in die Konzeption der Lehrveranstaltung und berichtet, wie das Seminar verlaufen ist und welche Erfahrungen die Studierenden und Lehrenden dabei gesammelt haben.

Frau Neumaier, was waren Ihre Beweggründe, ein Seminar zur digitalen Wissenschaftskommunikation anzubieten?

Anna Neumaier: Wir – ich habe das Seminar zusammen mit Prof. Juliane Czierpka aus der Geschichtswissenschaft [Bildmitte, Anm. Redaktion] durchgeführt – wollten ein Seminar anbieten, in dem wir uns um uns die Möglichkeiten und Herausforderungen von Wissenschaftskommunikation anschauen. Und das wollten wir eigentlich aus drei Gründen machen: Erstens kann das [die Wissenschaftskommunikation, Anm. Redaktion] später für die Studierenden ein mögliches Berufsfeld nach dem Studium werden. Zweitens ist es oft eine Tätigkeit, die zu einem anderen Beruf noch dazu gehört, zum Beispiel wenn man als Wissenschaftler*in die eigenen Inhalte erfolgreich kommunizieren möchte. Und drittens ist es, unabhängig davon, allgemein eine gute Übung, die eigene Forschung kommunizieren zu lernen – ein bisschen herunterzubrechen und einfacher zu machen, ohne die Komplexität der Inhalte zu verlieren.

Welche Themen wurden im Seminar behandelt?

Anna Neumaier: Wir haben uns zuerst mit den Grundlagen von Wissenschaftskommunikation beschäftigt: Warum macht man das überhaupt, was ist das eigentlich? Danach haben wir uns bestimmte Praktiken und Werkzeuge angeschaut, zum Beispiel Storytelling, Persona-Entwicklung und Zielgruppenadressierung, um zu sehen, welche Arbeit dahintersteckt. Außerdem haben wir uns auch mit den Herausforderungen und Risiken befasst, insbesondere mit den Gefahren, die entstehen, wenn man sich als Wissenschaftler*in in die digitale Wissenschaftskommunikation begibt, zum Beispiel auf Social-Media-Plattformen. Da ging es dann um Fragen wie: Was passiert, wenn mich ein Shitstorm ereilt? Wie gehe ich mit Trollen um und so weiter?

Was war das Besondere am Format des Seminars?

Anna Neumaier: Also zum einen haben wir einige erfahrene Praktiker*innen eingeladen, was für uns auch total hilfreich war. Sie haben entweder eigene Workshop-Anteile übernommen oder standen als Podiumsgäste für Fragen zur Verfügung und haben auch anschauliche Beispiele aus der Praxis mitgebracht. Zum anderen war das Seminar und offen für alle Masterstudierenden der RUB. Die Studierenden mussten, wenn sie in Kleingruppen zusammengearbeitet haben, auch schon immer Wissenschaftskommunikation betreiben. Sie mussten über ihr Fach und ihre Forschung oder ihren Wissenschaftszusammenhang berichten. Das war für uns auch total interessant – ich habe zum Beispiel total viel über Beton gelernt! [Eine studentische Projektarbeit (s.u) war dem Thema Beton gewidmet, Anm. Redaktion].

Welche Projekte haben die Studierenden im Rahmen des Seminars entwickelt und umgesetzt?

Anna Neumaier: Die Studierenden sollten allein oder in Kleingruppen ein eigenes Projekt entwickeln, in dem sie ein Thema ihrer Wahl im Rahmen digitaler Wissenschaftskommunikation aufarbeiteten. Daran haben sie im Verlauf der Blocktage gearbeitet; also in Abstimmung mit den Inhalten der Blocktage, haben sie dann auch an ihren Projekten weitergearbeitet. Das sind echt gute Sachen bei rausgekommen: Einige Projekte sind sehr witzig, andere behandeln wichtige Themen, Themen von Nachhaltigkeit, Themen von sexueller Selbstbestimmtheit und so weiter, die man eigentlich auch wirklich umfassend umsetzen müsste.

Warum ist digitale Wissenschaftskommunikation Ihrer Meinung nach so wichtig?

Anna Neumaier: Ich finde persönlich, dass es ein Teil der Aufgabe von Wissenschaftler*innen ist, ihr Wissen oder ihre Expertise, ihre Forschungsergebnisse so zugänglich zu machen, dass sie wirklich frei zugänglich sind, also auch verstehbar und interessant für jeden. Gerade im digitalen Raum ist das wichtig. Denn wenn man es selbst nicht kommuniziert, werden die Themen von anderen besetzt, die vielleicht nicht das nötige Wissen oder die entsprechende Ausbildung mitbringen. Das ergibt dann ganz andere Probleme. Und jenseits dieses größeren, vielleicht ethischen Anliegens, ist es auch eine gute Übung, sich zu überlegen: Wie kann ich meine Forschung gerade so herunterbrechen, dass ich den eigentlichen Kern dessen, was ich herausgefunden habe, das Wichtigste daran, einfange, ohne die Komplexität zu verlieren? Das ist ja ein häufiger Vorwurf: Wenn man auf diese Weise Wissenschaft kommuniziert, dann wird das zu einfach, zu basal. Das muss es nicht, aber das muss man sich eben vorher gut überlegen, das muss man üben.

Wie war das Feedback der Studierenden zum Seminar?

Anna Neumaier: Ich glaube, die Studierenden waren erstmal froh, dass es so einen Kurs überhaupt gab. Besonders in Bezug auf die MINT-Fächern fiel uns auf, dass es dort weniger solche Angebote gibt oder weniger Verständnis für eine Notwendigkeit gibt, die eigenen Themen outreach-mäßig zu kommunizieren und, dass es dafür auch eigene Skills braucht, und das man diese erlernen muss. Dann kam glaub ich ganz gut an, dass der Kurs so praktisch angelegt war und wir Praktiker*innen eingeladen hatten, denen man Fragen stellen konnte und die ihre Erfahrungen geteilt haben. Natürlich gibt es immer Dinge, die wir beim nächsten Mal anders machen würden, aber das ist normal, wenn man so einen Kurs zum ersten Mal anbietet. Es hat auf jeden Fall viel Spaß gemacht. Ich würde den Kurs jederzeit wieder machen.

*Das Interview basiert auf einem Videointerview, das auf den Social-Media-Plattformen des CERES zu finden ist. Der Text wurde dem Format entsprechend schriftsprachlich angepasst, weshalb einige Formulierungen abweichen.